Die Praxilogie ?!

Die faire Bezahlung der Leistungen der Mitarbeiter ist eine komplexe Angelegenheit. Gerade junge Chefs sollten sich deshalb dieses Kapitel aufmerksam durchlesen.

Aus der pragmatischen Sicht des Mitarbeiters besteht die Entlohnung für seine Leistung aus zwei verschiedenen Kategorien, vom Management genehmigte ('legale') und vom Management nicht genehmigte (u.U. wirklich ungesetzliche, 'illegale') Einkommen:

  1. Das überwiesene Nettogehalt
  2. Die in Geld ausdrückbaren anderen Beträge, meist mit dem Begriff Sozialleistungen umschrieben z.B. Kantine, Dienstauto, Dienstwohnung
  3. Die nicht direkt in Geld ausdrückbaren legalen Annehmlichkeiten, z.B. Büroschmuck, Weiterbildung, Image, Prestige, Bestätigung

Der Chef hingegen sieht im wesentlichen nur alle legalen Kosten, die der Mitarbeiter verursacht. Bruttogehalt, Soziallohn, Sozialleistungen, Raumkosten, Telefonkosten, etc. Manche Chefs kommen gar nicht auf die Idee, dass ihre Mitarbeiter sie betrügen könnten. Chefs sollten sich immer bewußt machen: Es gibt kaum eine Firma - von einer gewissen Größe ab - in der nicht gestohlen, betrogen, spioniert oder sexuelle Erpressung ausgeübt wird!

Die Bezahlung wird als angemessen und fair empfunden, wenn sie dem Vergleich mit den Konkurrenten standhält und die eigenen Bedürfnisse befriedigt. Manche wollen zusätzlich etwas sparen können und andere sehen im Laufe ihrer Karriere nur mehr die Gehaltszuwächse und können sich mit dem stagnierenden Gehaltsniveau nicht abfinden.

Konflikte zwischen Dienst und Privat

Mitarbeiter betrügen nicht immer aus böser Absicht oder aus krimineller Energie. Häufigste Gründe sind vor allem die Gelegenheit dazu, schlechte Vorbilder, die ungestraft davonkommen (oft sind es die Chefs selbst), sowie die Kompensation für entweder schlechte Bezahlung und/oder für schlechte Behandlung.

Wo fängt der Diebstahl denn an? Ist es schon die erste private Kopie oder das erste private Telefongespräch? Die Antwort ist meiner bescheidenen Meinung nach ein klares JA! Ich höre schon den Aufschrei in meiner Leserschaft: Das ist doch Blödsinn, dann wären wir ja alle Diebe!

In der Tat wäre es nicht klug, diese Kleinigkeiten zu bestrafen, aber wo ist die Grenze? Ist es noch legal, wenn jemand 100 Exemplare der Schülerzeitung in der Firma kopiert? Oder das stundenlange Porno-Surfen auf Firmenkosten? Oder die monatelange, telefonische Koordination des privaten Hausbaus von der Firma aus?

Vor allem, ist es fair? Mitarbeiter sollten immer bedenken, dass es für fast alle ihre Fehltritte Zeugen gibt! Wer darf es, wer darf es nicht?

Vieles entsteht aus der Grauzone PRIVAT-DIENSTLICH. Wenn es so einfach ist, ein private Kopie im Büro zu machen (und so umständlich, diese im Copyshop machen zu lassen) und ich auch zuhause soviel fürs Geschäft mache, warum sollte ich nicht dann private Kopien im Geschäft machen? Dies ist wahrscheinlich die Standardargumentation, mit der sich alle schwarzen oder grauen Schafe entschuldigen.

Oder wenn ich die Lieferanten für meinen privaten Hausbau nur zu den Dienstzeiten anrufen kann, dann muß ich doch alle Telefonate in der Firma führen! Hier ist es doch schon fast höhere Gewalt.

Die Antwort aus Firmensicht zu diesen vorgenannten Beispielen ist relativ simpel. Jeder bekommt einfach ein gewisses Kontingent an dieses Goodies. So wie manche Firmen einen festen Betrag für Schmuck des Büros zur Verfügung stellen, stellen sie auch ein Telefonkontingent (es kann für verschiedene Mitarbeiterkategorien verschieden sein) zur Verfügung. Z.B. jedermann, jedefrau kann für 10 Euro pro Monat privat telefonieren. Da sowieso heute fast alle Telefonate von Computern aufgezeichnet werden, ist dann auch die Abrechnung einfach. Jeder bekommt monatlich seine Telefonrechnung und bezahlt den Teil zuviel an ein Firmenkonto.

Bei Kopien ist es besser, Privatpreise (z.B. auf Selbstkostenbasis) zu vereinbaren und sie einfach gleich bar bezahlen zu lassen. Jede Kopie kostet z.B. 0.05 Euro, das Geld kommt gleich in eine (durchsichtige) Büchse und wird dort regelmäßig entleert.

Offen bleibt dann noch die Zeit, die man zum Telefonieren oder Kopieren braucht. Aber werden Mitarbeiter konsequent mit Zielen geführt, dann ist die Zeit nicht mehr relevant. Denn die fürs Private ausgegebene Zeit muß halt später eingearbeitet werden.

Ich würde allen Chefs raten, auf dieses wenige, oft nur symbolische Geld nicht zu verzichten. Wahrscheinlich rechnet es sich nicht, aber es ist sicherlich erzieherisch! Diese Kontingente stellen Verträge dar, die verhindern, dass kleinkriminelle Handlungen vorkommen. Denn was vom Management genehmigt wird, ist per definition legal. Es wird also legalisiert, einige Privattelefonate zu führen, das sollte man nicht vergessen.

Man sollte immer versuchen, alles Firmen - Notwendige im legalen Rahmen zu halten, denn einmal abgewichen, kommen auch Firmenmitarbeiter schnell auf die schiefe Bahn.

Wer als Führungskraft diese Kontingente nicht vorgibt, läßt sie von den Mitarbeitern definieren. Und diese werden schneller, als einem lieb ist sie noch oben - ins Uferlose - treiben. Und Unrecht wird schnell Gewohnheitsrecht.

Kompensation für schlechte Bezahlung

Wer seine Mitarbeiter schlecht entlohnt, riskiert, dass diese sich das Gehalt selbst ergänzen. Meist kostet die Firma dies dann mehr als die korrekte Entlohnung. Die Formen für diese Ergänzung sind vielfältig. Es wird entweder sehr wenig gearbeitet, damit man noch fit für den Nebenjob oder den Feierabend bleibt. Oder man bringt Arbeit in die Firma mit und erledigt diese dann dort.

Oder es kommt zu kleineren Diebstählen von Büromaterial bis zu Bürogeräten, von der Schere bis zum Notebook.

Subtilere Formen sind dann illoyales Verhalten. Man festigt seine Beziehungen zu potenten Kunden, um diese dann später für die eigene Selbständigkeit abzuwerben. Oder man investiert überproportional viel in Weiterbildung, mit der einzigen Absicht, diese für das zukünftige, eigene Geschäft zu nutzen.

Kompensation für schlechte Behandlung

Neben den vorhergehenden Punkten kommt hier vor allem noch die Sabotage dazu. Mitarbeiter fangen an, ihre Firma bewußt zu schädigen. Die Spannweite der Sabotage ist groß. Vom bewußten Ausplaudern von Firmengeheimnissen bis zum Legen von Großbränden ist alles schon vorgekommen. Und es sind auch Chefs schon umgebracht worden, weil sie egoistisch und ohne Sensibilität mit ihren Mitarbeitern umgegangen sind.

Häufigste Form aber ist, die Chefs abzusägen. Dazu haben fast alle Mitarbeiter Gelegenheit und nutzen sie auch, wenn sie nur genügend frustriert werden.

Langeweile

Ein häufiger Anlaß Unfug zu machen, ist ganz einfach Langeweile. Wenn Chefs es verabsäumen Herausforderungen für ihre Mitarbeiter zu finden, dann suchen diese sie sich selbst. Gerade die großen Probleme in Firmen, wie Mobbing oder auch Spionage, haben nicht selten auch eine Wurzel in der Langeweile.

Man darf es also als Führungskraft nie zulassen, dass Langeweile entsteht. Gibt es einmal wirklich nichts zu tun, dann kann man immer noch weiterbilden! Man darf nicht vergessen, dass Mitarbeiter nicht nur in die Firma oder ins Amt kommen, um Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern auch um sich weiterzuentwickeln und um sich bestätigt zu fühlen.

Diffuse Aufträge

Manchmal wird man von seinem Chef unerfüllbare Aufträge bekommen, unter dem Motto, "wasch mir den Rücken, aber mach mich nicht naß!". Sie abzulehnen hat man nicht immer eine Chance, aber man sollte sie entsprechend dokumentieren. Damit bleibt klar, wer der Auftraggeber dazu ist, der dann auch - hoffentlich - die Verantwortung dazu behält. Dafür gibt es kaum eine faire Entlohnung.

In diese Kategorie fallen auch Sonderaufträge, hinter der - wenn sie gut ausgehen - die Firma gerne steht, aber damit nichts zu tun haben will, wenn die Sache schiefläuft. Hier kann man sich nur durch ein kräftiges Honorar im Voraus absichern und dann vielleicht auch noch später die unsichere Erfolgsprämie einstecken.

Mißbrauch vom Macht

Meistens wird er sich durch Korruption, aber auch durch Erpressung ausdrücken. Der Korruption kommt man nur durch Kontrolle - mit entsprechend hohen Strafen - bei. Jeder, der institutionelle Macht hat, ist durch Korruption gefährdet. Mit Geld hat dies meist nichts mehr zu tun. Viele der Korrupten würden eigentlich genug verdienen. Aber die Ausweitung der persönlichen Macht lockt.

Auch Erpressung ist oft nur eine Machtfrage. Zum Glück gibt es in Deutschland Betriebsräte, die dafür sorgen, dass es nicht häufig unerkannt zum Machtmißbrauch kommt. Jeder der Macht hat, muß kontrollierbar sein und kontrolliert werden. Wenn man dies bei der Organisation außer acht läßt, wird sich nicht wundern müssen, wenn Mißbrauch stattfindet und man dann zur Verantwortung gezogen wird.

Zusammenfassung

Es ist mir unmöglich alle Probleme der Bezahlung und Entlohnung zu schildern. Aber ich glaube die wichtigsten habe ich zumindest gestreift. Es gibt natürlich immer besondere Problemfelder, wie gravierende private Probleme (z.B. Drogenabhängigkeit), aber auch schon innere Kündigung kann teuer werden.

Wer sich besondere Freiheiten herausnimmt, darf nicht vergessen: einmal in Ungnade gefallen, muß man alle offenen Rechnungen auf einmal bezahlen! Und das führt schnell zum persönlichen Bankrott. Darum Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sauber bleiben. Wer keine 'goldenen Löffel stiehlt' hat bessere Chancen, zu überleben.

Und Chefs, entlohnt eure Leute gut und differenziert, d.h. leistungsgerecht, denn alle Mitarbeiter kennen untereinander die Gehälter und auch die zugrunde liegenden Leistungen, behandelt sie gut, d.h. als individuelle Menschen, redet mit ihnen und gebt ihnen herausfordernde Arbeiten, etabliert Standardkontrollen, dann sind fast alle hier geschilderten Probleme wirklich irrelevant.


 

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